Auf Jobsuche
Ida das Schaf, immer noch auf der Suche nach einer Festanstellung (vorzugsweise im Zirkus oder in einem Blumenladen).
Reisebekanntschaft
Ich stieg in den Zug nach Rom ein. Erst als ich Platz genommen hatte, merkte ich, dass mir gegenüber der Papst sass. Er schlief. Er schien zu träumen. Sein Mund verzog sich zu einem seligen Lächeln. Dann fuhr er mit der Zuge über die Lippen. In seinem Schoss lag ein Haufen farbiger, zusammengeknüllter Amaretti-Papierchen. Als er sich in der Fensterecke wohlig zusammenrollte, ertönte ein zufriedenes Schnarchen. In diesem Moment wurde die Abteiltüre mit einem Ruck aufgerissen. Eine breithüftige Frau in schwarzem Mantel füllte den Durchgang ganz aus und schoss zornige Blicke in unser Abteil. Über ihrer Lippe glühte ein dunkles Furunkel. „Ah, Papa!“ krähte sie. „Schon wieder versteckt und genascht?“ Dann packte sie den Erschrockenen mit ihrer Pranke an der rechten Schulter und zog ihn in den Gang hinaus, zurück in den Privatwagen des Vatikans.
Esel mit Einsicht
Nach Jahren der Selbstreflektion gestattet sich der Esel, nur noch im Motorboot zu fahren. So geht er seiner bockigen Seite aus dem Weg – zumindest auf dem Wasser.
Schwarze Schokolade
Wenn ich Grossvater im Altersheim besuchte, brachte ich schwarze Schokolade mit. Die hatte er nämlich immer am liebsten gegessen. Jetzt durfte er das nicht mehr tun. Die Pflegerin hatte es verboten. Er konnte nach dem Genuss der bitteren Schleckerei tagelang nicht aufs Klo. Also nahm sie ihm die Schokolade weg. Jede Woche brachte ich Grossvater fünf Tafeln, die sofort verschwanden, ohne dass er auch nur eine Ecke davon in den Mund geschoben hätte. So legte ich sie wortlos neben sein Bett, er bemerkte es nicht einmal mehr. Dafür wurde die Pflegerin von Woche zu Woche dicker und ihre Haut verfärbte sich langsam ins Schwarze.
Guter Rat ist nicht teuer
Erziehungstipps für Fischehalter No 4: tun Sie nichts gegen Schuppen, einfach nichts.
Abendrot
Er hatte lange darauf gewartet bis sie ihn zu sich nach Hause einlud. Als es soweit war, konnten beide den Abend kaum erwarten. Sie verbrachte den ganzen Tag mit den Vorbereitungen.
Nach einer halben Stunde und den ersten Häppchen verliess er die Frau überstürzt wieder. Sie war sehr niedergeschlagen. Sie machte sich Vorwürfe, weil sie es einfach nicht schaffte, einen Mann für sich zu gewinnen. Währenddessen sass er zu Hause vor dem Spiegel und sah zu, wie sein Gesicht rot und röter wurde. Er war sehr aufgebracht. Er hätte ihr einfach sagen sollen, dass er allergisch reagiert auf Erdbeeren.
Die Freundin
Beim Coiffeur hatte Dieter Schöni sein Handgelenk beim Durchblättern einer Zeitschrift an einer Parfumreklame gerieben. Als er bezahlen wollte, meinte der Figaro: „Sie duften tierisch gut.“ Dieter Schöni war dem Haarkünstler sehr zugetan und hätte gerne auch weiterhin tierisch gut für ihn geduftet. Bloss, welches Parfum war das gewesen? Er konnte sich nicht erinnern. So klapperte Dieter Schöni sämtliche Kioske der Stadt nach der freundin ab, die beim Coiffeur auf seinem Schoss gelesen hatte. Leider war die Nummer schon vergriffen.
Emmentaler Hauskrimi
Kommissar Kern fühlte sich unwohl als er über den Platz schritt. Der Bauer vom Nachbarhof hatte Schüsse gehört und die Polizei alarmiert. Ein grosser Schäferhund riss an der Kette und bellte wütend. Plötzlich öffnete sich die Verandatüre und Bauer Knecht stand mit hochrotem Kopf und geladener Schrotflinte vor den Polizisten. Hinter ihm zitterte eine kleine, bleiche Frau.
«Die Schweine!» brüllte er. «Ich habe sie erschossen, die Apfeldiebe.» Der Kommissar ahnte Schlimmes und forderte über Funk Verstärkung an, bevor er dem Bauern hinter den Hof folgte. Dort stand eine verrostete Saftpresse. Darunter lagen neben einer umgestoßenen Kiste Äpfel, die über den ganzen Boden gekullert waren, zwei tote Schweine. Die Bäuerin sagte leise:
«Nun gibt es wieder eine ganze Woche lang nur Schlachtplatte. Dabei bin ich doch Vegetarierin.»